Das Coronavirus, mit dem anderen Namen Covid-19 hat seinen Ursprung in der chinesischen Stadt in Wuhan; es verbreitete sich in kurzer Zeit in vielen Ländern der Welt aus. Das Virus führte zur Anordnung von Ausgangsbeschränkungen, Schließung von Schulen, Absagen von Veranstaltungen sowie zur Schließung von Geschäften und zu sonstigen Beschränkungen im öffentlichen Leben.

Die Ausbreitung von Covid-19 in unserem Land führte zur Diskussion in der Rechtsordnung, ob dieses Virus eine Art höhere Gewalt darstellt oder nicht. Damit diese Pandemie für die Vertragsparteien eine höhere Gewalt darstellt, ist es erforderlich, dass die Vertragspartner ihre Leistung aufgrund Covid-19 nicht erbringen können; es ist somit erforderlich, dass zwischen Covid-19 und der Leistungsunmöglichkeit ein Zurechnungszusammenhang besteht.

Es ist möglich, dass ein gewerblicher Betrieb aufgrund von Covid-19 seine Leistung nicht erbringen kann. Der Grund hierfür kann auch aus einer von der Regierung getroffenen Entscheidung resultieren; z.B. die Ausfuhr gewisser medizinischer Produkte ist untersagt oder an eine Genehmigung gebunden. In derartigen Fällen stellt sich die Frage, welchen rechtlichen Weg eine natürliche oder juristische Person, die ihre eigene Leistung und ihre aus Vertrag oder Rechnung resultieren Pflichten erfüllt hat, einschreiten kann, wenn die Gegenleistung nicht erfüllt wird.

Gem. § 136 türk. ObligationenG (OR) erlischt die Schuld, wenn die Unmöglichkeit der Leistung nicht vom Schuldner zu vertreten ist. In derartigen Fällen ist bei jedem Vertrag festzustellen, ob Covid-19 die Leistungserbringung des Schuldners vorübergehend oder dauerhaft unmöglich macht. Im Rahmen der getroffenen Maßnahmen kann z.B. die Streichung internationaler Flüge oder die Absage von Konzerten zur Unmöglichkeit der Leistung und somit zum Erlöschen der Schuld führen.

Ist der Schuldner aufgrund der Unmöglichkeit von seiner Leistung befreit, erfolgt bei synallagmatischen Verträgen die Herausgabe der empfangenen Leistung nach den bereicherungsrechtlichen Bestimmungen. Derjenige, der die Leistung empfangen hat, ist zur Herausgabe des empfangenen Geldes verpflichtet. Sollte die Gegenseite die Gegenleistung noch nicht erbracht haben, kann der Schuldner die Leistung des Geldes an ihn nicht mehr fordern.

Entsprechend dem türkischen OR ist der Schuldner verpflichtet, die Unmöglichkeit dem Gläubiger unverzüglich mitzuteilen und Vorkehrungen zur Vermeidung weiterer Schäden zu treffen. Widrigenfalls haftet er für den daraus entstehenden Schaden.

Sofern aufgrund von Covid-19 die Erbringung der Leistung vorübergehend unmöglich ist, also die Leistung nach dem Wegfall des Hindernisses  erbracht werden kann, wird eine nach dem Kassationsgerichts benannte „Toleranzfrist“ eingeräumt; für die Dauer dieser Frist ist der Vertrag ausgesetzt. Sollte sich diese Frist über die Erwartungen der Parteien verlängern, kann der Gläubiger den Vertrag kündigen oder vom Vertrag zurücktreten.

In diesem Zusammenhang ist es für die Parteien ratsam, nach Treu und Glauben einvernehmlich zu handeln und die vertraglichen Leistungen bis zum Ende Pandemie zu mildern, anstatt durch Vertragskündigung oder Rücktritt die unternehmensrechtlichen Beziehungen zu beenden (§ 313 BGB, § 138 türk. OR).

Wenn die unternehmensrechtliche Beziehung nicht aufrechterhalten werden kann und die Parteien eine Beendigung der Beziehung wünschen, dürfen nach türkischem Recht zwischen Unternehmer ein Eintritt des Verzuges der Gegenpartei, Kündigungen, Rücktritte von Verträgen und die in diesem Zusammenhang ergehenden Mahnungen nicht per einfache E-Mail, sondern durch die notarielle Abmahnung, Einschreibebriefe, Telegrafen oder digital signierten E-Mails (sog. „KEP-Unterschrift“) erfolgen.