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Testament im türkischen Recht und die rechtliche Wirkung von ausländischen Testamenten in der Türkei

Letztwillige Verfügungen in der Türkei: Unterschiede und Anforderungen für Erbverträge und Testamente

Bei Verfügungen von Todes wegen handelt es sich um rechtsgeschäftliche Anordnungen, die erst nach dem Tod des Erblassers wirksam werden sollen. Eine letztwillige Verfügung erfolgt entweder in Form eines Erbvertrages oder eines Testaments. Bei Testamenten handelt es sich um nicht „empfangsbedürftige“ einseitige Willenserklärung. Im Unterschied zum Erbvertrag kann ein Testament bis zum Tod des Erblassers jederzeit formlos widerrufen werden. Für die Erstellung eines Testaments ist es erforderlich, dass der Testator geschäftsfähig ist und das 15.Lebensjahr vollendet hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Testierfähigkeit gegeben.

Drei Arten von Testamenten: Ein Blick auf Handschriftliche, Öffentliche und Mündliche Testamente in der Türkei

Man unterscheidet zwischen drei Testamenten; zwei gewöhnlichen Testamenten und einem Testament, das die Ausnahme bildet. Beim handschriftlichen und öffentlichen Testament handelt es sich um gewöhnliche Testamente während das mündliche Testament die Ausnahme bildet.

Öffentliches Testament

Ein öffentliches Testament wird nach türkischem Recht unter Mitwirkung von zwei Zeugen vor einer Urkundsperson (Notar) errichtet. Unser Bürgerliches Gesetzbuch sieht gewisse Voraussetzungen bezüglich der Mitwirkung als Testamentszeuge oder Notar vor. Demnach können bei der Errichtung eines Testaments Personen, die nicht geschäftsfähig sind, die aufgrund eines Strafurteils von der Ausübung eines öffentlichen Amts ausgeschlossen sind, Analphabeten sowie Ehepartner, Nachkommen und Enkel des Erblassers, im selben Grad verschwägerte Personen und Geschwister des Erblassers sowie Ehepartner und Bevollmächtigte dieser Personen nicht Testamentszeugen sein. Sollten diese Personen dennoch als Testamentszeugen mitwirken führ dies zur gänzlichen Anfechtung des öffentlichen Testaments.

Zusätzlich ist auch die Einholung eines Gutachtens über den Geisteszustand von einer öffentlichen Krankenanstalt wichtig.

Das öffentliche Testament wird vom Erblasser vorgelesen, unterschrieben und in Anwesenheit der Zeugen vom Notar beurkundet und schließlich durch diesen dem Personenregisteramt gemeldet. Bei Analphabeten wird das Testament in Anwesenheit der Zeugen durch den Notar vorgelesen. Bei Tod des Erblassers wird dieses Testament zur automatischen Eröffnung dem Gericht weitergeleitet.

Handschriftliches Testament

„Wie wird ein handschriftliches Testament verfasst und aufbewahrt?“

Das handschriftliche Testament ist zur Gänze vom Erblasser eigenhändig zu errichten. Das Jahr, der Monat und der Tag des Testaments und die eigenhändige Unterschrift des Erblassers sind zwingender Bestandteil dieses Testaments. Durch die Angabe des Datums ist die Feststellung eines der Gültigkeitsvoraussetzung des Testaments, also die Feststellung der Geschäftsfähigkeit des Testierers im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments möglich. Das eigenhändige Testament kann in (nicht) verschlossener Form zur Verwahrung beim Notar, beim Amtsgericht bzw. beim zuständigen öffentlichen Beamten hinterlegt werden. Allerdings ist dies keine zwingende Voraussetzung und berührt die Gültigkeit des Testaments nicht. Der Testierer kann das Testament auch selbst aufbewahren. Um die Formvorschrift zu erfüllen, muss der gesamte Text des Testaments einschließlich des Datums handschriftlich verfasst werden. Auch die Unterschrift hat handschriftlich zu erfolgen; ein Fingerabdruck bzw. die Unterschriftsleistung auf eine andere Weise ist nicht erlaubt. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Text auf Papier mit Stift geschrieben wird; es ist also egal, womit und worauf das Testament geschrieben wird; es ist gültig, sofern die übrigen Formerfordernisse erfüllt sind. Relevant ist, dass der Testierer die übrigen Formvorschriften einhält und dass dessen Wille verständlich ist. Sofern der letzte Wille in einem Brief, auf einer Postkarte bzw. auf einer Seite eines Buches erklärt wird, gilt dieses als ein wirksames eigenhändiges Testament.

Es besteht die Gefahr des Verlustes derartiger Testamente. Daher sollten die im Testament bedachten Erben das Testament gut aufbewahren und bei Tod an das Gericht zur Eröffnung abliefern.

Mündliches Testament

Das mündliche Testament ist nur in außergewöhnlichen Fällen zulässig, wie etwa wenn der Erblasser in unmittelbarer Lebensgefahr schwebt, bei Krieg oder Krankheiten und wenn dadurch das Erstellen eines eigenhändigen bzw. öffentlichen Testaments nicht möglich ist. Beim mündlichen Testament erklärt der Erblasser, seinen letzten Willen gegenüber zwei Zeugen und erteilt ihnen den Auftrag, diesen Willen in einem Testament niederzuschreiben. Einer der Zeugen schreibt die Willenserklärung unter Angabe von Ort und Datum; die Willenserklärung wird von beiden Zeugen unterschrieben; beide Zeugen müssen die Erklärung beim Gericht hinterlegen. Das mündliche Testament verliert seine Gültigkeit nach 1 Monat ab dem Zeitpunkt, in dem der Erblasser wieder in der Lage ist ein eigenhändiges bzw. notarielles Testament zu verfassen.

Wenn trotz der Möglichkeit des Erstellens eines schriftlichen Testaments, der letzte Wille mündlich erklärt wird, kann dieses mündliche Testament für ungültig erklärt werden.

Die rechtliche Wirkung von im Ausland erfassten Testamenten in der Türkei

Die im Ausland nach den dortigen Gesetzen erstellten Testamente gelten auch in der Türkei. Gemäß Art. 7 des Gesetzes über das türkische IP-Recht “Rechtsgeschäfte können in der Form des am Ort ihrer Vornahme geltenden Rechts oder in derjenigen Form geschlossen werden, die das auf das Rechtsgeschäft selbst anzuwendende Recht vorsieht.” Außerdem sind die nach dem nationalen Recht des Verstorbenen wirksam erfassten Testamente gültig. In derartigen Fällen haben türkische Gerichte das nationale Recht des Erblassers zu ermitteln und zu entscheiden.

Das heißt, dass Testamente, die vor einem ausländischen Notar oder von einem Ausländer in seinem Heimatstaat eigenhändig verfasst sind, auch im türkischen Recht Gültigkeit besitzen. Nachdem diese Testamente durch das nationale Gericht des Ausländers eröffnet wurden, müssen sie auch in der Türkei eröffnet werden und muss ein dementsprechendes Verfahren angestrebt werden.

Sollte ein Ausländer vor einem ausländischen Notar bzw. ein eigenhändiges Testament erfassen wollen, das sein in der Türkei befindliches Vermögen umfasst, ist es ratsam sich von einem türkischen Rechtsanwalt beraten zu lassen, um etwaige Streitigkeiten bezüglich der Gültigkeit zu vermeiden und die Erbringung des Testaments sicherzustellen bzw. zu vereinfachen.

Gemeinschaftliches Testament / Berliner Testament

Können gemeinschaftliche Testamente, die im Ausland verfasst wurden, nach türkischem Recht anerkannt werden?

Gleichzeitige gemeinschaftliche Testamente und gegenseitig gemeinschaftliche Testament finden sich im türkischen Recht nicht. Die im Ausland verfassten gemeinschaftlichen Testamente erfüllen nicht die Formerfordernisse nach türkischem Recht. Sollte z.B. jemand ein handschriftliches Testament erstellen und darin den gemeinsamen Willen von zwei Personen erklären und wird dies von beiden Personen unterschrieben, ist dieses Testament im türkischen Recht genauso ungültig wie wenn zwei Personen ihren letzten Willen vor dem Notar erklären und der Notar daraufhin ein einziges Testament erstellt.

Des Weiteren gibt es Testamente, bei denen sich zwei Testierer gegenseitig als Erben einsetzen. Das Berliner Testament gehört zu diesen Testamenten. Entsprechend der Rechtsprechung des Kassationsgerichts können diese Testamente angefochten werden. Denn trotz des Vorliegens eines Verstoßes gegen die Formvorschriften ist ein Testament vorhanden.

Ob derartige Testamente durch Umdeutung dennoch aufrechterhalten werden können, ist in der Literatur strittig. Nach der herrschenden Meinung ist eine Aufrechterhaltung des gemeinschaftlichen Testaments durch Umdeutung in ein Einzeltestament möglich, da alle Formerfordernisse des Testaments hinsichtlich eines Testierers gegeben sind. Es sei denn, dass bei Nichterbringung von einem der beiden Testamente das andere auch nicht erbracht werden kann. Die übrige Meinung sowie die Rechtsprechung des Kassationsgerichts deuten derartige Testamente in einen Erbvertrag um. Auf diese Weise kann der letzte Wille des Erblassers aufrechterhalten werden. In diesem Zusammenhang ist für die Frage der Gültigkeit derartiger Testamente im türkischen Recht die Beratung durch einen fachkundigen Juristen ratsam.

In diesem Zusammenhang ist bei im Ausland erstellten Testamenten die Einrede der Ungültigkeit wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Formvorschriften nicht möglich. Denn Testamente gelten in der Türkei als gültig, sofern sie nach dem Recht jenes Staates, in dem sie erstellt wurden, gültig sind. Bezüglich der Gültigkeit von gemeinsamen Testamenten empfehlen wir Ihnen unseren Artikel auf dieser Seite zu lesen: https://kocaersoz.com/de/testament-turkei

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